Das Albumcover "In Times New Roman" von Queens Of The Stone Age ist schwarz und dunkel. In der Mitte ist ein undefinierbares Wesen zu sehen.

Album der Woche

Queens of the Stone Age mit „In Times New Roman“

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Roh, brutal, gewaltvoll. Die Band Queens of the Stone Age kehrt mit ihrem neuen Album „In Times New Roman“ zu ihren musikalischen Anfängen zurück: Dem Alternative-Rock! Frontmann Josh Homme unterstreicht damit einmal wieder das Stonerrock-Fundament der Band.

Das achte Studioalbum der mittlerweile seit 1996 existierenden Band aus Kalifornien, kann in den USA nur Platz neun der Albumcharts erreichen, wo bleibt der Spitzenerfolg der letzten Jahre? Bereits der Titel steht unter der Kritik, langweilig und lustlos zu sein. Warum wählt die Band eine Schriftart als Albumtitel aus? Auch das Albumcover wirkt eher wie ein Abklatsch der vorherigen Platte „Villains“, auf dem ein Teufel einem Rocker die Augen zudrückt. Auf dem neuen Cover ist diesmal eine Wolfkreatur anstatt des Teufels zu sehen, die Augen des Protagonisten sind diesmal verbunden. Ein Blick auf das Leben des Bandchefs Josh Homme hilft dabei, vielleicht zu verstehen, was es mit den Verwirrungen auf sich hat.

Ein Album voller Narben, Schrammen und Schmerz

Was war all die Zeit los mit Queens of the Stone Age? Bandchef und Sänger Josh Homme verliert innerhalb von drei Jahren elf Menschen aus seinem näheren Umfeld. Einer davon ist Mark Lanegan, der ehemalige Vokalist der Band. Doch was ihn richtig aus der Bahn geworfen hat und für Untergangsfantasien bei ihm sorgte, war seine Scheidung und der Kampf um seine Kinder. Wegen seiner Depression ging er auf Reha, da er selbst nicht mehr aus dem Tief herauskam. Das Album ist damit sozusagen ein „Auftauchen“ aus all den Problemen, die er hatte. In einem Interview mit dem New Musical Express, einer der wichtigsten Musikzeitschriften für Musikkultur in Großbritannien, beschreibt Homme den langwierigen Genesungsprozess. Er musste sich erst vor dem Ertrinken retten, bevor er aus den Erfahrungen eine Platte fertigen konnte.

Stimmung des Albums: Emotions Sickness

Besonders ist gleich der erste Song auf dem Album – „Emotions Sickness„. Eine krankhafte emotionale Reaktion, die nicht angemessen zu ihrer Ursache ist – das ist mehr oder weniger die Übersetzung des Titels. Für Homme ist es seit der Trennung mit seiner Partnerin geradezu Programm. Die beiden ließen sich scheiden und kämpften in einem Sorgerechtsstreit um ihre drei Kinder. Gleich darauf folgte die Corona-Pandemie und damit einhergehend eine weltweite Einschränkungen für Musiker*innen aufzutreten. Genau diese Misere ist die Stimmung des ganzen Albums.

Im dystopisch gehaltenen Song sorgen ineinandergreifende Gitarrenklänge und erschütternde Drum-Grooves für den düsteren Sound. Hypnotisch, groovig und auch musikalisch ein kaputtes Bild des Ist-Zustands des Bandchefs Hommes. Es scheint, als fände er zwischen Art-Rock, 70er-Schmelz und Streicher*innen seinen Frieden – wenn auch nur für den Augenblick.

Vom Robot Rock zum Alt-Rock-Style zurück

Fest steht: Das Vorgängeralbum „Villains“ hatte weit weniger Einfluss auf die Neuausrichtung der Band als die Zerrüttung im Privatlebens des Frontmanns. In mehreren Songs des neuen Album „In Times New Roman“ gibt sich Homme sehr angriffslustig, wie im nach vorne drängenden „Paper Machete“. Dort rechnet er allem Anschein nach mit seiner Ex-Frau Brody Dalle ab.

Herausgekommen ist eine explosive Mischung aus Stoner Klängen, untermalt mit Streicherkaskaden und Art-Rock. Selbstbewusst führt die Band den Weg vom Album „…Like Clockword“ weiter und muss dabei nicht mal Gastmusiker*innen wie Elton John ins Studio holen, um zu beweisen, dass sie die Breite von Pop bis Punk ohne Probleme bedienen können. Die Profimusiker zeigen sich selbstsicher und helfen ihrem depressiven Bandkollegen musikalisch aus. Im Song „Carnavoyeur“ wird klar, dass ihr Stil zwar weniger tanzbar aber weiterhin verspielt und damit geradezu widerspruchslos zu ihrem Robot-Rock-Fundament steht. Der Song, der von der Hilflosigkeit des Protagonisten handelt, glänzt mit Bildern aus Art-Pop- und New Wave-Elementen, was dem Song Hoffnung und Stärke verleiht. Der Refrain impliziert dabei, dass man nie aufgeben sollte: „When there is nothing I can do/ I smile“.  Ebenso überragen die dramatischen Streichereinlagen beim letzten Song “Straight Jacket Fitting”. Anstatt mit einem heavy Stonerriff zu enden, verabschieden sich die Queens in einer Mischung aus sanfter Ballade mit Cello und Akustikgitarre.

Trotzdem eine ungewisse Zukunft

Das Album trotzt nur so von positiver Kraft und Überlebenswillen. Mit der neuen Platte haben die Profis wieder mal gezeigt, dass sie über ihre Probleme herauswachsen können. Musikalisch gesehen beweisen die Rocker wieder einmal, dass sie alle Stile beherrschen. Nach mehrmaligen Hören können die ersten übereiligen Kritiken über das schlechte Albumcover und den schwachen Titel im Keim erstickt werden. „In Times New Roman“ ist hart und rockig und begeistert damit genauso die alten Fans. Doch ein Problem bleibt: All die persönlichen Probleme der letzten Jahre schlagen ein großes Loch in die Zukunft der Band. Eine Nahtoderfahrung im Jahre 2010, ein Scheidungsdrama und der Tod mehrerer Weggefährten aus seinem Umfeld werden den Sänger Homme auch noch weiter beschäftigen. Lässt sich hoffen, dass die Band kein weiteres Drama braucht, um uns mit einem weiteren genialen Album zu überraschen.

Die Queens of the Stone Age sind im Winter auf ihrer Europatournee „The End ist Nero“ unter anderem in Frankfurt zu sehen.

Unsere weiteren Alben der Woche findet ihr hier.

Autor: Dominik Fechner