Paulina Behrendt steht vor dem max neo Banner. Sie ist im Porträt zu sehen.

Interview

Paulina Behrendt – Slammerin mit Herz und Seele

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Morgen findet das Einzel- und Teamfinale der deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam statt. Im SLAM! 2021 Einzelfinale steht auch Paulina Behrendt. max neo ist als offizielle Medienpartner natürlich auch dabei und überträgt das Finale im Einzel- und Teamwettbewerb ab 16 Uhr live. Wir konnten uns aber schon vorab mit einigen Slammer*innen unterhalten, zum Beispiel mit Paulina Behrendt, Humanmedizinerin und Poetry Slammerin.

Eine Slammerin, die zuerst nicht wusste, dass sie Slammerin ist

Paulina, wie bist du eigentlich zum Slammen gekommen?

Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt, wo ich’s dann schlussendlich war, gar nicht, dass es das so konkret auch gibt, dieses Poetry Slam-Ding. Ich war auf einem Poetry-Slam, der damals bei mir in der Heimatstadt war. Früher als Kind habe ich Theater gespielt und auch immer schon geschrieben und diese Kombination aus: Man steht auf einer Bühne, hat eine gewisse Performance und eine gewisse Bühnenperson, die man präsentiert, und gleichzeitig teilt man wirklich kluge Gedankengänge. Das fand ich megacool, das hat mich wirklich gereizt. Dann hab ich eine Mail an einen Veranstalter in Hamburg geschrieben und die haben mich auch direkt eingeladen. Das hat sich dann so verselbstständigt. Nach ungefähr einem halben Jahr habe ich einfach gecheckt: „Okay, krass. Das ist ja ein Riesen-Netzwerk, das da dahinter steht.“ Dann bin ich da auch bewusster rangegangen.

Nimmst du das Ganze als Wettkampf wahr?

Ja, klar. Und jeder, der sagt, der Wettbewerb sei nicht wichtig, ist ein wenig utopisch, würde ich behaupten. Der Poetry Slam ist ein Konzept, das durch den Wettbewerb erst vollständig wird. Also wenn ich sage, der Wettbewerb ist nicht wichtig, könnte ich auch gleich sagen: Die Texte sind nicht wichtig. Dass ich jetzt hier anreise, um zu sagen: Ich lege jetzt mein komplettes Dasein darauf aus, dass ich am Samstagabend gewinne, das würde ich jetzt auch nicht sagen.

Medizinerin mit Witz

Jetzt studierst du Humanmedizin, also ich hätte zuerst gedacht dass du eher in die Richtung Germanistik oder Literaturwissenschaften gehst. Warum Humanmedizin?

Ich glaube, um auch irgendwie meiner anderen Hälfte gerecht zu werden. Manchmal hab ich das Gefühl, es gibt zwei Paulinas. Die eine Seite ist: Ich liebe es zu lernen, ich liebe es für mich zu sein und Ruhe zu haben. Ich bin kein Mensch, der gerne unter Menschen geht, auf der anderen Seite dann aber doch. Die andere Seite wäre, glaube ich, dann verkümmert, hätte ich Germanistik oder irgendwas in die Richtung studiert. Ich fühle mich auch super aufgehoben in der Medizin und fühle mich auch super wohl. Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Umso cooler ist es dann auch eben, beide Seiten ausleben zu können.

Wenn du in deinem Studium Kontakt mit Patient*innen hast, trägst du ihnen dann auch manchmal ein Gedicht vor?

Ja klar, ich mach die komplette Anamnese im Reimschema A B B A. Nein, nein mache ich eigentlich nicht. Es ist tatsächlich auch so, dass man eine Bubble verlässt. Die Medizin ist eine Bubble für sich, so wie die Slam-Gemeinschaft. Dadurch, dass ich immer zwischen den zwei Welten wechsle, bleibe ich auch superflexibel. Ich nehme aus beiden Seiten ganz, ganz viel auf und ganz, ganz viel mit. Das ist aber auch super cool, dass ich da immer so eine Spiegelung von ganz anderen Menschen bekomme, die ganz andere Sorgen und Probleme haben.

Viel unterwegs

Dein Studium nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch und als Slammerin reist du auch viel. Wie vereinbarst du das Ganze miteinander?

Auch da würde ich sagen: Ich habe ziemlich viel Glück gehabt. In Hamburg ist so unfassbar viel Kultur einfach da. Kampf der Künste ist einer der größten Veranstalter und die machen gefühlt jeden Tag drei Veranstaltungen. Da komme ich gar nicht so in diesen Zwang, weit weg fahren zu müssen, um gewisse Auftritte wahrnehmen zu können. Da bin ich schon sehr gesättigt, würde ich sagen. In den Semesterferien bin ich dann schon mehr unterwegs. Die Zeit nutze ich dann schon dazu. Unterm Semester ist mir das kaum möglich, unterwegs zu sein. Häufig sind die Slams unter der Woche und ich hab einfach bis 18 Uhr Vorlesungen und Seminare in Präsenz. Dann ist da nicht viel mit: Ich fahre mal kurz nach Karlsruhe runter oder so.

Wenn ich mir so deine Slams anschaue, dann kommt am Ende fast immer eine Art Lebensweisheit. Sind das alles Erfahrungen, die du gemacht hast?

Ich glaube, die Erfahrung mache ich gar nicht vorher, die mache ich während des Schreibens. Mir ist auch schon aufgefallen, dass ich anfange zu schreiben über einen Sachverhalt, der mich stört, oder über ein Problem. Und während des Prozesses erfahre ich irgendwas und komme am Ende zu einer Erkenntnis, die mich an dem Problem dann befriedigt. Ich glaube, da ist das Schreiben an sich dann der Prozess zur Erkenntnis. Also ich sitze meistens nicht da, habe schon das Ende im Kopf und fange dann an zu schreiben, sondern es ist wirklich immer der Anfang, den ich schon im Kopf habe, dann schreibe ich, schreibe ich, schreibe ich und am Ende steht dann irgendwas, wo ich mir denke: Ja stimmt, das ist eigentlich ganz klug gesagt. Damit komme ich dann auch irgendwie besser klar.

Das Interview führte Maximilian Brückner.

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