Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt die Comedienne Julia Brandner, die einen Hut auf dem Kopf hat und in die Kamera lächelt.

Interview mit Julia Brandner

„Wir brauchen noch eine Frau für die Show. Hättest du vielleicht Lust?“

/ / Foto: Ben Deiß

Comedienne, Autorin und Podcasterin – Julia Brandner ist ein Multitalent. Die 26-Jährige lebt in Wien und ist Ende Mai in Deutschland auf ihrer „Wird doch stattfinden“-Tour. Wer bis dahin nicht warten kann, sollte ihren Instagram-Kanal „wirdnichtstattfinden“ abonnieren. Dort lädt Julia regelmäßig unterhaltsame Videos hoch. Wir haben mit der Österreicherin über ihre Anfänge und Frauen in der Comedyszene gesprochen.

Julia, du bist noch gar nicht so lange in der Comedyszene unterwegs. Wie bist du denn auf die Idee gekommen, Comedy mal auszuprobieren?

Mit Comedy habe ich angefangen, weil ich ein schlechtes Jahr 2019 hatte. Zum Ende des Jahres habe ich mir gedacht, dass ich noch einen Adrenalin-Kick gebrauchen könnte. Dann habe ich gesehen, dass es einen Comedy Open Mic gibt. Das war einen Tag vor meiner Firmen-Weihnachtsfeier damals und ich habe mir gedacht, wenn es scheiße wird, kann ich am nächsten Tag auf Firmenkosten Frust saufen. Deswegen habe ich mich dort quasi eingeschrieben und vor Angst fast auf die Bühne gekotzt, muss ich zugeben, aber es war im Nachhinein ein sehr gutes Erlebnis. Ich bin froh, dass ich es gemacht habe, und danach war ich hooked.

Es war also kein Kindheitstraum von dir, Comedienne zu werden?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich selbst schon immer lustig gefunden. Deswegen habe ich immer am lautesten über meine eigenen Witze gelacht und wollte auch immer irgendwas mit Fame machen. Ich habe dann aber gedacht: „Singen kann ich nicht, tanzen auch nicht und ich weiß nicht, wie es mit dem Schauspielen ausschaut, aber Witze erzählen kann ich, weil ich finde mich lustig. Also probiere ich das vielleicht mal.“ Aber ich habe lange nicht gewusst, dass man damit überhaupt Geld verdienen kann oder dass das ein Business ist. Das war für mich eigentlich non-existent. Da bin ich erst durch Felix Lobrecht drauf gekommen, weil ich den gesehen und verfolgt habe. Und dann habe ich mir gedacht: „Das könnte ich doch auch mal probieren.“

„Comedy soll vor allem lustig sein“

Wir wollen dich auf der Bühne nicht mehr missen. Was ist dir wichtig, wenn du auf der Bühne stehst?

Mir ist natürlich wichtig, dass die Leute lachen, weil sonst ist es kacke. Es ist mir persönlich wichtig, gutes Make-up drauf zu haben, weil ich werde immer unglaublich schnell rot. Das ist mir dann immer urpeinlich. Mir ist es wichtig, dass die Leute lachen, eine gute Zeit haben und ich auch eine ehrliche Message transportiere. Aber das ist zweitrangig. Comedy soll vor allem lustig sein.

Und mit welchen Themen bringst du die Leute dann zum Lachen?

Ich habe am Anfang meiner Karriere vor allem Single-Jokes gemacht – mache ich auch heute immer noch gerne. Da kann man viel rausziehen und damit können sich viele Leute identifizieren. Mein „berühmtestes Comedyset“ ist mein Nightwash-Set, wo ich darüber spreche, dass ich keine Kinder möchte, und ich versuche auch mittlerweile immer mehr, solche Themen in meine Comedy zu integrieren, weil ich glaube, wenn man drüber lacht, dann checkt man es auch.

„Frauen sind nicht unlustiger als Männer“

Frauen haben es in vielen Bereichen schwer. Julia, wie sieht es denn in der Comedyszene aus?

Ja, ja, das ist meine Lieblingsfrage. (lacht) Das Ding mit den Frauen in der Comedy ist, dass es einfach weniger gibt und dadurch werden sie unterschätzt. Es gibt ja auch den schönen Spruch, das „L“ in Frauen steht für „lustig“. Das bringen meistens Menschen, die absolut nicht buchstabieren können und offensichtlich noch nie „Mann“ buchstabiert haben. Aber das ist ein Vorurteil, das sich hartnäckig und lange hält. Diesen Kommentar bekomme ich immer. Den erhält eigentlich jede Frau, wenn sie mal einen Abend hat, wo sie schlecht ist. Das Ding ist, Frauen sind nicht unlustiger als Männer. Ich kenne wesentlich mehr unlustige Männer als unlustige Frauen.

Warum gibt es dann so wenige Frauen in der Comedyszene?

Es trauen sich leider weniger Frauen als Männer auf die Bühne und das finde ich ein bisschen schade. Aber wir hatten jetzt zum Weltfrauentag ein „Ladies Special“. Das sage ich so ungern, weil ich denke mir, wenn vier Männer auf der Bühne stehen, ist es auch kein „Gentlemen Special“. Wir hatten ein Weltfrauentag-Comedy-Special – eine Veranstaltung mit vier Comediennes und einer Moderatorin. Die war ausverkauft und alle hatten eine saugeile Zeit. Also weibliche Comedy ist schon cool. Das Problem ist meiner Ansicht nach, dass immer jeder ein Ladies Special daraus machen will, sobald sich mehr als die Hälfte Frauen für eine Show anmelden. Oft gibt es auch den Satz „Wir brauchen noch eine Frau für die Show. Hättest du vielleicht Lust?“ Da denke ich mir dann: Spar dir doch bitte diesen Zusatz. Also frage mich doch einfach, ob ich Bock auf die Show habe, weil da fühle ich mich sofort wie eine Quotenfrau. Meistens haben sie auch nicht mal Interesse, mehr als eine Frau einzuladen. Das finde ich auch schade, weil Frauen sind nicht unlustiger als Männer und Männer sind nicht lustiger als Frauen. Ich habe viel mehr unlustige Männer als Frauen erlebt.

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