Das Foto zeigt ein leeres Klassenzimmer, das als Symbolbild für die aktuelle Situation an den Berufsschule gilt.

Interview mit Pankraz Männlein

Wie es an Berufsschulen weitergeht

/ / Foto: Ivan Aleksic / Unsplash.com

Ein sicherer Schulalltag gestaltet sich während der Pandemie schwierig. Die Infektionsgefahr in den Klassenzimmern ist hoch. Gleichzeitig benachteiligt der Distanzunterricht Kinder aus sozial schwächeren Schichten und erzeugt Spannungen im familiären Umfeld. So stellt sich die Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden müssen, um einen sicheren Unterricht vor Ort zu garantieren.

Pankraz Männlein ist Landesvorsitzender des Verbands der Lehrkräfte an beruflichen Schulen in Bayern e.V. (VLB). Im Interview erzählt er uns mehr über die Situation an beruflichen Schulen.


max neo: Welche Maßnahmen müssen ihrer Meinung nach in den Berufsschulen ergriffen werden, um den Präsenzunterricht an beruflichen Schulen wieder zu ermöglichen?

Pankraz Männlein: Die Berufsschulen können laut unserer Sicht erst dann wieder den Präsenzunterricht aufnehmen, wenn ein optimaler Gesundheitsschutz für alle Beteiligten sichergestellt ist. Das setzt zumindest voraus, dass sowohl Schüler*innen als auch ihre Lehrkräfte in ausreichender Form mit FFP-2-Masken ausgestattet sind. Des Weiteren sind die Unterrichtsräume mit Luftfilteranlagen nachzurüsten. Wir können uns auch vorstellen, dass Testungen notwendig sind. Außerdem müssen natürlich alle Beteiligten die bekannten AHA-Regeln (Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltagsmaske tragen) weiterhin streng einhalten.

Aber auch eine sichere Schülerbeförderung ist ganz wesentlich für uns. An den Berufsschulen setzen sich die Klassen oft aus Schüler*innen zusammen, die aus unterschiedlichen Landkreisen kommen. Das bringt bei sehr stark variierenden Inzidenzzahlen in einzelnen Regionen ein hohes Infektionsrisiko mit sich. Das gilt es zu vermeiden. Deshalb fordert der VLB, grundsätzlich den Präsenzunterricht erst wieder bei einer Inzidenz von unter 35 aufzunehmen. Bis dahin sollte Distanzunterricht erfolgen.

max neo: Sie haben gerade Corona-Tests angesprochen. Haben wir in Deutschland überhaupt die Ressourcen dazu, alle Anwesenden vor einer Unterrichtsstunde zu testen?

Pankraz Männlein: Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Man müsste zunächst den Fokus auf eine nationale Teststrategie richten. Das wird aktuell auch vom VLB gefordert. Was die Ressourcenfrage angeht, sollte ein Industrieland wie Deutschland durchaus in der Lage sein, dies zu bewältigen.

max neo: Wer ist verantwortlich für eine ausreichende Sicherheit in den Berufsschulen? Die Schulen selbst, die Politik oder Gewerkschaften?

Pankraz Männlein: Eine Pandemie, wie wir sie gerade durchmachen müssen, ist meines Erachtens nach eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jetzt bestimmte gesellschaftliche Gruppen einseitig in die Pflicht zu nehmen, wäre nicht zielführend. Allerdings glaube ich schon, dass die Politik in besonderem Maße gefordert ist. Aber auch der Schule kommt in dieser Situation eine wichtige Rolle zu. Vor allem mit Blick auf die Bildungsgerechtigkeit. Allerdings sind die beruflichen Schulen weniger Entscheider. Sie haben die politischen Vorgaben umzusetzen und das möglichst intelligent und situationsangemessen.

max neo: Der Unterricht vor Ort scheint viele Probleme zu verursachen. Könnte man nicht erstmal weiterhin beim Distanzunterricht bleiben?

Pankraz Männlein: Lernen ist ein sozialer Prozess. Wir Menschen sind auf das Miteinander angewiesen. Das kann auch durch die beste Kommunikationsplattform nicht ersetzt werden. Das merken unsere Lehrkräfte auch in ihrem täglichen unterrichtlichen Tun. Probleme auf der Schülerseite sehe ich zum Beispiel im fehlenden Austausch mit den Mitschüler*innen und den Lehrkräften. In der häuslichen Umgebung weite Teile des Tages verbringen zu müssen, ist nicht immer leicht. Auch das Gefühl der Unsicherheit macht sich breit. Zum Beispiel mit dem Blick auf die bevorstehenden Prüfungen oder auch auf den Arbeitsplatz am Ende der Ausbildung. Die Lehrer*innen berichten, dass ihnen die Schüler*innen schrittweise entgleiten und dass es immer schwieriger wird, sie zu motivieren. Auch Leistungsnachweise sind im Distanzunterricht besonders schwer zu bewerten.

max neo: Was würden sie den Schüler*innen abschließend noch mit auf den Weg geben?

Pankraz Männlein: Das Wichtigste ist, mit Blick auf die bevorstehenden Prüfungen, dass wir den jungen Menschen jetzt auch ein bisschen Zuversicht wünschen. Die Zeit ist sicherlich mit Blick auf die Abschlussprüfung nicht besonders einfach. Dafür möchte ich den Schüler*innen viel Kraft für die bevorstehende Zeit. Außerdem möchte ich dazu raten, das Ganze vielleicht ein bisschen gelassener zu sehen.


Hier könnt ihr lesen, wie unser Kollege Falk Müller den Schulalltag gerade erlebt.

Autorin: Lisa-Marie Wala