Das Albumcover "30" zeigt Adele im Profil.

CD der Woche

Adele mit „30“

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Sie wollte immer eine Familie haben, weil sie nie eine hatte. Das hat Adele in einem Interview mit US-Talkikone Oprah Winfrey gesagt. Ihr Plan war es, mit ihrem Partner zusammenzubleiben, wenn sie Kinder haben. Doch Adele und Simon Konecki haben sich getrennt, obwohl sie bereits Eltern sind. Das neue Adele-Album „30“ wird daher oft als Scheidungsalbum bezeichnet. Die Sängerin sieht es zwar auch so, aber sagt, dass sie sich von sich selbst scheiden lässt.

Im Alter von 16 Jahren hat Adele ihren ersten Song geschrieben: „Hometown Glory“. Drei Jahre später veröffentlicht sie die Single und ein breites Publikum wird auf sie aufmerksam. Noch im Dezember desselben Jahres erhält sie den „Critics´ Choice“ der BRIT Awards und wird in der BBC-Sendung „Sound of…“ auf Platz eins gewählt. Die Sendung prognostiziert, welche*r Künstler*in im nächsten Jahr den Durchbruch schafft. Tatsächlich schafft das Adele auch – ihre zweite Single „Chasing Pavements“ landet im Januar 2008 auf Platz zwei der britischen Charts. Ihr Debütalbum „19“, benannt nach dem Alter, in dem sie ihre Songs geschrieben hat, erobert gleich die Spitze.

In den nächsten Jahren folgen zwei Grammys und ihr zweites Album „21“, mit dem sie unter anderem 17-fach-Platin in Großbritannien sowie Diamant und Vierfachplatin in den USA holt. Es wird über 31 Millionen mal verkauft. Spätestens ab dieser Platte kennt jede*r die britische Musikerin mit der Ausnahmestimme. 2015 bringt Adele das dritte Album „25“ raus und heimst sämtliche Auszeichnungen ein. In der Zwischenzeit ist sie zehnfache Grammy-Gewinnerin – es werden später noch zwei weitere folgen – und sie darf den Titel „Member of the Order of the British Empire“ tragen.

Große musikalische Abwechslung

Sechs Jahre nach ihrem letzten Album hat Adele nun mit „30“ zwölf neue Songs rausgebracht. Es gibt zwar klassische Adele-Balladen, in denen die Sängerin nur vom Klavier begleitet wird – zum Beispiel bei „Easy On Me“, „To Be Loved“ oder „Hold On“. Aber es finden sich auch Lieder, in denen Orchester und Chor dabei sind, beispielsweise in „Love Is A Game“. Außerdem mixt Adele auf dem Album auch verschiedene Musikstile.

„Can I Get It“ ist ein Song, der so gar nicht nach Adele klingt. Von den Instrumenten her sticht hier die Akustikgitarre heraus. Dadurch wirkt es ein bisschen, als würden wir beim Hören am Lagerfeuer sitzen. Außerdem ist das Lied keine langsame Ballade, sondern eine schnelle Nummer. In einem Interview mit dem Musikmagazin „Rolling Stone“ hat Adele verraten, dass es in dem Song darum geht, dass sie eine echte, bedeutsame Beziehung haben will und nicht nur jemanden für Gelegenheitssex. Mit „Cry Your Heart Out“ und „All Night Parking (Interlude)“ sind auch Reggae- und Jazznummern auf der Platte vertreten.

„Easy On Me“ – das ist der Song, mit dem sich Adele nach sechs Jahren Pause wieder zurückmeldet. Vom Musikvideo her, das bereits eine Stunde nach der Veröffentlichung über eine Million Aufrufe hatte, knüpft er an „Hello“ von ihrem letzten Album an. In dem Lied geht es um ihre gescheiterte Ehe und um das, was sie über Familie, Liebe und Verlassenheit (nicht) gelernt hat.

Sehr persönliche Songs

Kurz vor dem Albumrelease hat sich Adele Sorgen gemacht, dass die Songs zu persönlich und privat wären, um sie zu veröffentlichen. Letztendlich hat sich die Britin doch dafür entschieden, sie der Welt zu zeigen. Im Interview mit Oprah Winfrey erklärt sie, dass Musik ihr in den verschiedenen Situationen hilft. Die 33-Jährige schreibt Songs, um anderen Menschen zu helfen, damit sie sich nicht alleine fühlen. Adele sieht sich selbst als Mensch normalerweise nicht so tiefgründig, aber findet, dass sie es in ihren Songs sehr wohl ist, weil die Gefühle und Gedanken von woanders herkommen – von ganz tief unten.

Der wohl persönlichste Song der Platte ist „My Little Love“. Mit dem Lied versucht Adele ihrem mittlerweile neunjährigen Sohn Angelo zu erklären, warum ihre Ehe mit seinem Vater Simon Konecki gescheitert ist. Es sind nicht nur Gesang und Instrumente zu hören, sondern auch Sprachaufnahmen von Adele und Angelo. Die beiden haben diese nicht extra für das Album aufgenommen, sondern bereits vorher erstellt, weil Adeles Therapeutin ihr dazu geraten hatte. Nun lässt sie die ganze Welt daran teilhaben.

Die 33-Jährige hat das Album sogar ihrem Sohn Angelo gewidmet, auch wenn sich die Musik um Adele dreht. „Ich wollte, dass er von mir hört, wer ich bin und wie ich mich fühle“, sagte die Sängerin im Interview mit Winfrey. Weiter erzählt Adele, dass Alkohol sie immer fasziniert hat, weil er ihren Vater genommen hat, der im April verstorben ist. Am Anfang ihrer Scheidung hat Adele „die Alkoholindustrie am Leben gehalten“. Irgendwann hat die Britin aber gemerkt, dass sie an sich selbst arbeiten muss, angefangen zu trainieren, aufgehört, Alkohol zu trinken und sich dadurch besser kennengelernt. So hat die Musikerin ihr Gleichgewicht wieder gewonnen. In „I Drink Wine“ geht es aber nicht um das Weintrinken, sondern um ihre beendete Beziehung und den Aufwand, den es dafür braucht. Laut dem Lied gehören zu einer funktionierenden Beziehung vor allem Selbstvertrauen und -liebe.

Geliebt zu werden und zu lieben

Zu dem Song „To Be Loved“ hat Adele im Interview mit Oprah Winfrey Folgendes gesagt: Es ist ihr Lebensziel, geliebt zu werden und zu lieben. Als sie ein Kind war, hat ihr Vater die Familie verlassen. Seitdem hatte die Britin ein schlechtes Verhältnis zu ihm. Bevor er gestorben ist, hat Adele ihn besucht. Dabei hat er erzählt, bisher nur einen einzigen ihrer Songs gehört zu haben: „Hometown Glory“ – das erste Lied, das sie geschrieben hatte. Adele hat ihn gezwungen, alle Songs zu hören und sie haben dabei geweint. Das hat dazu geführt, dass er ihre Kindheitswunde verstanden hat. Ihr Vater hätte sich gewünscht, dass er auch so an sich gearbeitet hätte, wie es Adele getan hat. Die beiden haben sich versöhnt und Frieden geschlossen. Durch seinen Tod hat Adele gemerkt, wie sich die Wunde verschlossen hat.

Ein Thema, mit dem Adele oft konfrontiert wird, ist ihr großer Gewichtsverlust. Es war nie ihr Ziel, Gewicht zu verlieren. Die 33-Jährige hatte nach ihrer Scheidung Angstzustände, beängstigende Panikattacken und Rückenschmerzen. Deswegen ist sie ins Fitnessstudio gegangen. Adele hat bemerkt, dass sie dort keine Panikattacken hat. Da die Britin sonst nichts zu tun hatte und das Training ihr eine Struktur gegeben hat, ist sie weiterhin regelmäßig ins Fitnessstudio gegangen. Auch wenn sie wieder zunehmen sollte, hätte Adele kein Problem damit, denn sie liebt ihren Körper so, wie er ist.

Nicht nur gesundheitlich läuft es bei der Sängerin gut, sondern auch mit ihrem Ex-Partner Simon Konecki und in der Liebe. Adele liebt Konecki immer noch, ist aber nicht mehr in ihn verliebt. Sie respektiere ihn wie keinen anderen, so Adele im Interview mit Oprah Winfrey. Sie wohnen gegenüber voneinander, verreisen zusammen und quatschen auch ohne Angelo miteinander. Wie sich Konecki mit dem neuem Partner seiner Exfrau versteht, ist nicht bekannt. Adele ist mittlerweile mit dem Sportagenten Rich Paul liiert. Es ist für Adele das erste Mal in einer Beziehung, dass sie gleichzeitig sich selbst liebt, geliebt wird und ihren Partner liebt. Wer weiß, vielleicht bekommen wir beim nächsten Album dann lauter fröhliche Liebessongs.

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