
Interview
Moot Court: Die Zukunft des Völkerrechts
Das Völkerrecht ist derzeit beschädigt und droht, seinen Stellenwert zu verlieren. Die aufschwellenden Konflikte der letzten Zeit in Myanmar, Palästina, der Ukraine, Pakistan und dem Sudan, sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass viele Staaten davon ermuntert sind, neue Kriege und Konflikte zu führen. Gerade deshalb trafen sich dieses Jahr beim sogenannten “Moot Court” wieder Jurastudierende aus 28 Ländern in Nürnberg, um im berüchtigten Saal 600 ihre Kenntnisse im Völkerrecht unter Beweis zu stellen und die Nürnberger Prinzipien aufleben zu lassen.
Prof. Christoph Safferling, Mitgründer der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien und Dozent an der Universität Erlangen-Nürnberg, bekräftigt zum Auftakt des “Moot Court” die Wichtigkeit der dort gegründeten sieben “Nürnberger Prinzipien”:
- Jede Person, welche ein völkerrechtliches Verbrechen begeht, ist hierfür strafrechtlich verantwortlich.
- Auch wenn das nationale Recht für ein völkerrechtliches Verbrechen keine Strafe androht, ist der Täter nach dem Völkerrecht strafbar.
- Auch Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder sind für von ihnen begangene völkerrechtliche Verbrechen nach dem Völkerrecht verantwortlich.
- Handeln auf höheren Befehl befreit nicht von völkerrechtlicher Verantwortlichkeit, sofern der Täter auch anders hätte handeln können.
- Jeder, der wegen eines völkerrechtlichen Verbrechens angeklagt ist, hat Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Verfahren.
- Folgende Verbrechen sind als völkerrechtliche Verbrechen strafbar: a) Verbrechen gegen den Frieden b) Kriegsverbrechen c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
- Die Mittäterschaft zur Begehung der genannten Verbrechen stellt ebenfalls ein völkerrechtliches Verbrechen dar.
Zwar bedauert Safferling, dass der Internationale Strafgerichtshof in vielen Fällen keine Handhabe hat, trotzdem sieht er die Lage des Völkerrechts optimistisch. Die ausgesprochenen Haftbefehle im Falle Russlands und Israel zeigen die Wirkung der internationalen Gerichte. Auch wenn es uns so vorkomme, als wäre das Völkerrecht nur ein Zuschauer der derzeitigen Verbrechen, animiert der Jurist die neue heranreifende Generation zukünftige Verbrechen zu verfolgen und damit das Versprechen Nürnbergs zu erfüllen.
Auch dieses Jahr waren die Studierenden wieder tief ergriffen von den Räumlichkeiten, Richterinnen und Richtern wie Christopher Gosnell (Verteidiger am Internationalen Strafgerichtshof), Joanna Korner (Richterin am Internationalen Strafgerichtshof) und Yulia Nuzban (Fallrichterin am Internationalen Strafgerichtshof).
max neo-Redakteur Dominik sprach mit einigen Teilnehmer*innen über ihre Erfahrung am “Moot Court” und der Lage des Völkerrechts. Die Stimmen sind auf Englisch:
Nach zwei Tagen höchster Konzentration kämpften sich schließlich das Team der Kabarak University in Kenia aus Afrika und das Team der Dharmashastra National Law University aus Indien ins Finale. Beide hatten die Ehre, im Saal 600 gegeneinander anzutreten. Dort mussten sich nach dem zweiten Weltkrieg führende Vertreter des nationalsozialistischen Regimes vor einem internationalen Gericht verantworten. Die indischen Verteidiger konnten die Jury schließlich überzeugen und gewannen den diesjährigen Moot Court 2025 in Nürnberg.
Doch wie sehen die anwesenden Rechtsanwält*innen und Richter*innen die Lage des Völkerrechts? Prof. Christoph Safferling, sowie der Rechtsanwalt Aarif Abraham von den Doughty Street Chambers in London (Interview auf Englisch):