Linkin Park Mitgleid Mike Shinoda sprüht in der Hocke mit einer Spraydose. Rechts vor ihm stehen einige weitere Spraydosen. In der Mitte des Bildes, zwischen Shinoda und den Dosen steht der Titel "Meteora20". Darunter "Linkin Park - Meteora - 20th Anniversary Edition".

Album der Woche

Linkin Park mit „Meteora (20th Anniversary Edition)“

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Einen Blick in die Vergangenheit werfen – sehr einfach und sehr schwierig zugleich. Zum Beispiel wenn wir den Mond anschauen, dann sehen wir ihn, wie er vor etwas mehr als einer Sekunde war. Das liegt daran, dass das vom Mond reflektierte Sonnenlicht bis zu unserem Auge etwas mehr als eine Sekunde braucht. In die Vergangenheit reisen und Dinge nochmal erleben ist aber nicht möglich. Und trotzdem ist das neue alte Album von Linkin Park die perfekte Zeitreise. In ihrer 20th Anniversary Edition von „Meteora“ gewährt uns die Band sehr interessante Einblicke.

Eine Zeitkapsel mit Blick ins Jahr 2003

Halbfertige Demo-Tapes, Live-Mitschnitte und komplett fertige, bisher unveröffentlichte Songs. Alles entstanden in den Jahren 2002 und 2003. Beim Hören kann es einem hin und wieder so vorkommen, als läge eine leichte Staubschicht auf den Dateien. Nicht, weil sie schlecht gealtert wären. Eher, weil die Aufnahmen 20 Jahre im Verborgenen lagen und genau so klingen, wie Linkin Park damals eben geklungen haben. Zwischen den „Meteora“-Aufnahmen und dem Tod von Chester Bennington in 2017 hat sich die Band verändert. Mit diesem Album kann das „alte“ Linkin Park neu entdeckt werden.

Bei einigen Soundschnipseln, Instrumentals und Demos wird beim Zuhören schon klar, warum das in der Form nicht veröffentlicht wurde. Am interessantesten sind wahrscheinlich die „neuen“ Songs. Warum sie es nicht auf „Meteora“ geschafft haben? Bei den meisten Tracks weiß das wohl nur die Band selbst am besten.

Linkin Park ohne Chester Bennington?

Bei all der Freude über das Lebenszeichen der Band – wenn auch aus der Vergangenheit – eine zentrale Frage kommt immer wieder auf: Geht es weiter? Seit Jahren wird in Fankreisen fleißig spekuliert, ob Linkin Park auch ohne Chester Bennington weitermachen werden. Die Veröffentlichung des ganzen Bonus-Materials könnte eigentlich ein gutes Zeichen sein. Laut Mike Shinoda hat die Band aber kaum Kontakt untereinander – und wenn, dann nur über Zoom. Bei einigen Bandmitgliedern weiß Shinoda, was in ihrem Leben passiert und wie es ihnen geht, bei anderen aber teilweise gar nichts. So sehr es sich viele Fans wünschen – es sieht eher nicht so aus, als würde es ein „neues“ Linkin Park geben.

Der verlorene Song „Lost“

Für alte Fans ist die Anniversary-Edition von „Meteora“ die perfekte Möglichkeit die Band noch einmal in ihrer Ursprungsphase zu hören. Und jede*r, der Linkin Park vorher nicht auf dem Schirm hatte, kann mit dem Album sehr gut in das Linkin-Park-Universum eintauchen und die Band (neu) für sich entdecken.

Gerade die „neuen“, bisher unveröffentlichten Songs sind besonders spannend:

More The Victim“ ist 2013 als Demo ohne Vocals auf einer der „Linkin Park Underground“-CDs erschienen. Diese hieß damals noch „Cumulus“ und soll einer der ersten Meteora-Songs gewesen sein, an dem die Band gearbeitet hat. Auf „Meteora“ und spätere Alben hat der fertige Song „More The Victim“ es dann aber nicht geschafft. Im Booklet der Underground-CD begründet Mike Shinoda das damit, dass er zu poppig wäre.

Mit Release des Jubiläumsalbums ist „Massive“ zum ersten Mal zu hören gewesen. Die Zeile „Heard the screaming in my dreaming“ gab es bereits in der Demoversion von „In The End“. „Massive“ sollte ursprünglich auf dem Nachfolgealbum „Minutes To Midnight“ Verwendung finden. Aber Linkin Park haben sich dagegen entschieden, denn sie wollten diese Momentaufnahme aus dem Jahr 2003 auch in 2003 lassen.

Und auch die einzige Single-Auskopplung „Lost“ war ursprünglich geplant, hat es dann aber nicht aufs Album geschafft. Zwei Jahrzehnte vor dem offiziellen Release konnten die Fans tatsächlich schon einmal aufschnappen. Auf der DVD „Making Of Meteora“ war ein fünfsekündiger Soundschnipsel zu hören. Und der zog die Aufmerksamkeit auf sich, da er eben nicht auf dem Album vorkam. Und dann? 20 Jahre lang musste der komplett fertig abgemischte Song im Archiv verweilen, bis er wieder ins Bewusstsein rückte. Für Mike Shinoda ein super Fund. Und gleichzeitig die Ironie des Schicksals, dass Linkin Park ausgerechnet den Song „Lost“ vergessen hatten. Auf die originale „Meteora“-Scheibe hat der Song es nur nicht geschafft, weil er „Numb“ zu ähnlich klingt.

Linkin-Park-Murmeln

Ende März gab es in Deutschland eine Art „Linkin Park Schnitzeljagd“. Bei einem Augmented-Reality-Event konnten User mit einer App an unterschiedlichen Stellen in 20 Städten verschiedene „Linkin-Park-Murmeln“ aufspüren. Wenn eine, oder mehrere, dieser Murmeln gefunden wurde, dann gab’s eine Belohnung. Zum Beispiel exklusive Videoclips, oder Audionachrichten der Band. Ein Highlight war der Song „Healing Foot“ – noch vor dem offiziellen Release des Albums konnte dieser abgespielt werden. „Healing Foot“ schaffte es laut Mike Shinoda aus dem selben Grund wie „Massive“ nicht auf „Meteora“ – eine Momentaufnahme, á la: was in 2003 passiert ist, sollte auch in 2003 bleiben!

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