Das Cover von Depeche Modes aktuellem Album "Memento Mori". Oben ist der Name der Band und des Albums zu sehen. In der Mitte sind links und rechts jeweils zwei Engelsflügel zu sehen. In deren Mitte ist jeweils ein Blumengedeck.

Album der Woche

Depeche Mode mit „Memento Mori“

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Euphorie, Depressionen.

Lebensfreude, Drogenmissbrauch.

Tanzbare Musik, verstörende Synthies.

Das aktuelle Album „Memento Mori“ von Depeche Mode ist ein einziges Auf und Ab. Schwermütigkeit in den Songs der Band gehört einfach dazu. Das 15. Studioalbum geht aber auch als musikalischer Nervenzusammenbruch durch. Nicht etwa, weil die Songs unhörbar sind, sondern wegen der vielen dramaturgischen Wechsel, wegen des Spannungsbogens, und weil sie einen emotional mitnehmen können – wenn ihr euch auf sie einlasst. Die meistens düstere Stimmung auf der Scheibe ist fest verbunden mit dem wohl größten Umbruch bei Depeche Mode seit 1995. Denn im Mai vergangenen Jahres ist das Gründungsmitglied Andrew Fletcher plötzlich verstorben. „Memento Mori“ behandelt dieses Thema aber nicht – Titel und Texte waren schon vor Fletchers Tod fertig. Wir stellen euch die Platte als unser max neo Album der 18. Kalenderwoche vor.

Memento Mori

Auf den Namen ist Martin Gore zufällig gekommen. Vom Begriff „Memento Mori“ hatte er ein Jahr vor dem Release das erste Mal gehört und dann nachgeforscht, woher er stammt und was er bedeutet: „Bedenke, dass du sterben wirst.“ Die Idee dahinter hat ihm gefallen, also dass die Römer bei ihren Triumphzügen von der jubelnden Menge zwar mit Blumen empfangen wurden, aber sie hinter sich immer einen Sklaven hatten, der sie mahnte: „Memento Mori“. So sollte ihnen klar gemacht werden, dass sie sterblich und keine Götter sind.

„Heaven’s dreaming
Thoughtless thoughts, my friends
We know we’ll be ghosts again“

– Textausschnitt aus „Ghost Again“

Die Single „Ghost Again“ (und einige andere Songs auf der Platte) ist in Zusammenarbeit mit Richard Butler entstanden. Der britische Singer und Songwriter kam zu Beginn der Corona-Pandemie auf Martin Gore zu und fragte ihn, ob sie nicht zusammen ein paar Lieder schreiben wollten. Herausgekommen sind einige von Gore und Butler gesungene Demotracks. Depeche Mode-Leadsänger Dave Gahan war, als er sie zu hören bekam, begeistert und wollte sie unbedingt singen. Vor allem „Ghost Again“ sticht hervor.

Es ist der einzige tanzbare Song auf dem Album. Laut Dave Gahan fängt „Ghost Again“ die perfekte Balance zwischen Freude und Melancholie ein. Er stelle zwei Motive des Todes dar: zum einen die Zerbrechlichkeit des Lebens, zum anderen die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass auch nach dem Tod noch Leben ist. Der Text beschreibt, wie jeder Mensch wieder zu einem Geist wird. Und dass wir diesen Geistern vielleicht wieder begegnen können.

Der Opener „My Cosmos Is Mine“ ist dagegen sehr düster. Er entstand als letztes – Martin Gore schrieb ihn kurz, nachdem Russland die Ukraine angegriffen hatte. „My Cosmos Is Mine“ dreht sich um den Umgang mit Ohnmacht. Wie man das eigene Innere vor den Angriffen der Welt schützen kann und sich gemeinsam mit seinen Lieben besser irgendwo versteckt.

Das düstere „My Cosmos Is Mine“ und das eher positive „Ghost Again“ sind genau die gegensätzlichen Stimmungen, die sich durch das ganze Album ziehen – immer abwechselnd, wie eine Achterbahnfahrt. Allerdings mit deutlicher Schlagseite ins Negative.

Dave Gahans Nahtoderfahrung

Always You“ ist musikalisch ein absolut typischer Depeche Mode-Song. Warm, gefühlvoll und etwas verträumt – eine der Nummern, die die Stimmung auf dem Album etwas hebt. Die Liebe ist es – die Eine, die den Protagonist immer wieder aus der Negativität holt.

Wieder etwas düsterer geht es in „Caroline’s Monkey“ zu – ein Song über Drogensucht. Zwischenzeitlich wird der Eindruck erweckt, die Stimmung in „Caroline’s Monkey“ wird besser – stattdessen werden die Hörer*innen dann aber wieder ins tiefe Stimmungsloch fallengelassen. Vielleicht eine Anspielung auf den inneren Kampf während eines Entzugs, der verloren geht?

Drogen scheinen in „Memento Mori“ eine wichtige Rolle zu spielen.

Denn neben „Caroline’s Monkey“ ist auch „Speak To Me“ ein Song über Abhängigkeit. Dieses Mal ist es aber eine sehr persönliche Nummer. 1996 spritzte sich Leadsänger Dave Gahan einen Drogencocktail aus Kokain und Heroin. Kurz darauf war er für zwei Minuten klinisch tot. Der Rettungsdienst konnte ihn aber wiederbeleben. Gahan war bereits vorher drogenabhängig und machte einen Entzug. Nach dieser Nahtoderfahrung schaffte er dann aber den Ausstieg und ist laut eigener Aussage clean. In „Speak To Me“ geht es genau um dieses Erlebnis.

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