Das Albumcover "Es ist Abend und wir sitzen bei mir" von AnnenMayKantereit zeigt das Trio, wie sie in ihrem Proberaum sitzen oder stehen und in die Kamera schauen. Umrahmt ist das Foto von einem dunkelgrünen Rahmen.

Album der Woche

AnnenMayKantereit mit „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“

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Erdbeerkuchen und Heimat, aber auch Drogen und Alkoholismus. Diese Bandbreite bietet das neue Album von AnnenMayKantereit. Fast genau sieben Jahre nach ihrem Debütalbum hat die deutsche Pop-Rockband ihre vierte Platte rausgebracht. „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ heißt unser Album der 13. Kalenderwoche.

Der Albumname ist eine Zeile aus dem Song „Es ist Abend“. Als die Band über den Titel nachgedacht hat, wollten sie laut Gitarrist Christopher Annen etwas haben, was es auf den Punkt bringt:

„Diesen Vibe ‚Es ist Abend und wir sitzen bei mir‘ – genau den wünschen wir uns für uns selbst wieder und das wünschen wir uns auch für die Produktion vom Album. Daher ist die Wahl darauf gefallen.“

– Christopher Annen zum neuen Album

Wie es der Titel verrät, ist die Platte sehr intim. Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit nehmen uns mit in ihren Proberaum in Köln-Ehrenfeld. Durch die Lage im Gewerbegebiet konnten sie ungestört arbeiten und für sich sein. Doch der Proberaum hat auch einen emotionalen Wert.

„Der Proberaum ist jetzt seit sechs Jahren unser Bandzuhause, unser Hauptquartier. Es ist total schön, sowas zu haben.“

– Christopher Annen zu ihrem Proberaum

Offene Tür im Bandzuhause

Der Proberaum hat nicht nur als Aufnahmeort für die neue Platte gedient, sondern auch als Albumcover. Es zeigt die drei Jungs in ihrem neu dekorierten Bandzuhause.

„Das war total schön, jetzt mal diesen Proberaum, in dem schon sehr viel passiert ist, auch wirklich als eine Art Studio zu begreifen. (…) Es war genau der richtige Schritt. Wir probieren immer, ein bisschen was anders zu machen als bei den Aufnahmen davor. Jetzt hatten wir mal alles dabei.“

– Christopher Annen zu den Aufnahmen

Das Trio hatte in den letzten Jahren Unterstützung von Malte Huck am Bass. Für ihr neues Album mussten sie sich jemanden Neues suchen, da Huck selbst eine Band gegründet hat. Sophie Chassée hat ihn ersetzt. Zusätzlich hatten sie bei den Aufnahmen weitere Unterstützung – von Freund*innen.

„Es hat sich irgendwie immer sehr schön ergeben, dass Freund*innen vorbeigeschaut haben und einfach mal zugehört, mal abgehangen haben. Es war einfach so ein bisschen offene Tür für alle, die Bock hatten vorbeizuschauen und die wir kennen. Das hat dem Album sehr gut getan, weil man konnte zwischendurch mal abschalten und sich draußen über was ganz anderes unterhalten. Gleichzeitig hat es auch immer wieder Fokus gegeben. Wenn man wieder reingegangen ist, wusste man: ‚Okay, jetzt wird gearbeitet.‘ Das war ein ganz guter Vibe.“

– Christopher Annen über das Offene Tür-Konzept

Nostalgie und Erdbeerkuchen

Wenn die Bandmitglieder von AnnenMayKantereit zusammensitzen, dann geht es meistens um politische Themen, aber auch um private Dinge oder die Band. Sie managen sich momentan quasi selbst, weswegen es viel Gesprächsstoff zur Band gibt. Die Songs auf dem Album sollen genauso sein, als würden wir mit den Jungs an einem Tisch sitzen. Viele von uns schwelgen in Erinnerungen und werden nostalgisch, wenn sie zusammensitzen. Auch AnnenMayKantereit kennen wohl dieses Gefühl, wie das Lied „Als ich ein Kind war“ zeigt. In den Songzeilen steckt aber auch eine Gesellschaftskritik.

Die Idee für den Song „Erdbeerkuchen“ ist auf einer Autofahrt entstanden. Die drei Jungs von AnnenMayKantereit sind aus Berlin rausgefahren und haben herumgealbert:

„Wahrscheinlich hat Henning damit angefangen und dann haben wir uns die Zeilen hin und her geworfen. Es war einfach witzig, über Kaffee, Federweißer und Erdbeerkuchen zu singen. Henning hat dann ein paar Tage oder Wochen später einfach diese Akkorde gespielt, die auch sehr simpel sind. Es sind über das ganze Stück meistens nur zwei Akkorde, ab und zu kommt ein dritter dazu. Der Song war mir persönlich am Anfang viel zu albern. (…) Ich dachte: ‚Schön, dass es den Song gibt, aber ich würde ihn nicht spielen wollen.‘ (…) Als wirkliche Rocknummer hat es wieder einen witzigen Turn bekommen. Vorher war er vielleicht einfach noch zu lieb und zu brav.“

– Christopher Annen zu „Erdbeerkuchen“

Alkoholismus, Drogen und Entschleunigung

Neben diesem witzigen Song beschäftigen sich AnnenMayKantereit auf ihrem Album vor allem mit Themen ihrer Generation. Es geht beispielsweise um die Zeit nach der Pandemie, also wieder rauszugehen und zu tanzen („Ausgehen“ und „Lass es kreisen“). Die Jungs nehmen sich aber auch ernsten Themen an, zum Beispiel Entschleunigung und Stress („3 Tage am Meer“) sowie Alkoholsucht („Heute Abend wird es regnen“) und Drogen („Weißhausstraße“).

„An irgendeinem Punkt hatten wir dann das Gefühl, wir haben jetzt schon viele langsame Songs, lass doch nochmal was Schnelles machen. Dann ist zum Beispiel ‚Katharina‘ entstanden.“

– Christopher Annen über die Songs

In „Katharina“ geht es um eine Frau, die Zweifel und Unsicherheiten hat. Sänger Henning May ermuntert sie dazu, diese beiseitezuschieben und zu vergessen. Doch auch die Liebe kommt auf „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ nicht zu kurz. Mit „Verliebt sein“, „Du tust mir nie mehr weh“ und „Lottoscheine“ gibt es sowohl Positives als auch Negatives rund um die Liebe.

Heimat und Ruhestand

Neben Nostalgie, der Liebe und den ernsten Themen darf auch Persönliches nicht fehlen. In „Tommi“ singt Henning May von seiner Heimatstadt Köln. Dadurch, dass die Bandmitglieder nach Berlin gezogen sind, vermissen sie Köln. Darum geht es in dem Lied. Außerdem kommen wir in den Genuss vom Kölner Dialekt. Auch beim „Orangenlied“ geht es um Mays Wurzeln. Sein Vater ist vor kurzem in den Ruhestand gegangen. Das erinnert ihn daran, wie schnell die Zeit vergeht. Davon singt er im „Orangenlied“.

Wie die Songs entstanden sind und wie der Proberaum aussieht, könnt ihr auf YouTube sehen. Auf dem Kanal von AnnenMayKantereit gibt es eine dreiteilige Dokumentation zum neuen Album. „Es ist Abend und wir sitzen bei mir“ ist eine Mischung aus leichten, fröhlichen Nummern, melancholischen Songs und ernsten Liedern. Damit ist es AnnenMayKantereit gelungen, die aktuelle Zeit gut abzubilden.

Ab Ende März sind sie auf Tour in ganz Deutschland, unter anderem in Nürnberg. Die meisten Konzerte sind schon ausverkauft, auch für das Konzert am 30. März in Nürnberg gibt es kaum noch Karten.

Unsere weiteren Alben der Woche findet ihr hier.